Robert Charles Wilson: Die Chronolithen (The Chronoliths)

Robert Charles Wilson: Die Chronolithen (The Chronoliths). deutschsprachigHeyne 52105, 2005 (2001), ISBN 3-453-52105-6, Paperback 12,0 cm x 18,7 cm, 430 Seiten, 8,95 Euro.

Robert Charles Wilson: Die Chronolithen (The Chronoliths)

Softwareentwickler Scott Warden lebt als Aussteiger mit Frau und Tochter am Strand von Thailand, als im Vorgebirge ein Monument aus seltsamem Material erscheint. Es stellt sich heraus, daß dieser Chronolith etwa 20 Jahre aus der Zukunft kommt und den Sieg eines gewissen Kuin feiert. Es erscheinen weitere Chronolithen, oft mitten in Hauptstädten, was unzählige Todesopfer fordert. Langsam beginnt sich eine Pro-Kuin-Bewegung zu formieren - die Chronolithen drohen zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden. Pysikprofessorin Sulamith Chopra holt Scott in ihr Team, das die Erzeugung der Chronolithen untersuchen und dann stoppen will.

Geschichten, in denen die Zeit manipuliert wird, sind immer problematisch, da die damit verbundenen gedanklichen Paradoxa nur schwer glaubhaft zu umschiffen sind. Wilson macht es sich hier einfach, indem er nur ein paar Schlagworte ohne stringente Erklärung verwendet und sich stattdessen den Gefühlen der handelnden Personen und den dadurch erkennbaren soziologischen Auswirkungen widmet. Die Personen werden detailliert charakerisiert, eine erstaunliche Leistung bei einem Roman, der vollständig aus Sicht des Ich-Erzählers Scott geschrieben ist. Die Auswirkungen der Chronolithen werden detailliert und glaubwürdig geschildert - es wird immer Leute geben, die sich lieber mit dem Bösen arrangieren, man sehe sich nur die ganzen »demokratischen« Politiker an, die um die kommunistische Regierung Chinas herumscharwenzeln, bloß weil da Geld zu holen ist...

Der Autor nutzt eine originelle Idee, um eine gute Geschichte über die Beeinflußbarkeit der Menschen zu entwickeln. Die Chronolithen wirken nämlich nicht durch die Zerstörungen bei ihrem Erscheinen oder ihre bloße Anwesenheit, sondern durch ihre ständige Präsenz in den Medien. Da lassen sich Parallelen zu anderen Medienereignissen und ihre langfristigen Folgen ziehen - Michael Moore zieht in »Bowling for Columbine« ähnliche Schlüsse über die Ursache der Bedeutung von Schußwaffen in den USA. Das sollte uns zu denken geben, welche Langzeitfolgen wir uns durch die Sensations- und katastrophengeilen Medien einhandeln.

Fazit: Ein gutgeschriebenes Buch, das bis zum Schluß zu fesseln vermag und gut ausgearbeitet ist, nur der Schluß ist unbefriedigend und wirkt, als wolle der Autor einfach nur noch fertigwerden. Der wissenschaftliche Hintergrund bleibt leider auf der Strecke, was angesichts der komplexen und weitgehend unerforschten Materie aber verständlich ist. Die soziologische Entwicklung wird gut beschrieben und gibt Denkanstöße, ohne je belehrend zu wirken oder sich auch nur in den Vordergrund zu drängen. Empfehlenswert!


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Erstellt am Mo, den 14.11.2005 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am Mo, den 15.05.2006 um 00:26.