Christian von Aster: Robolution [Justifiers Band 10]

Christian von Aster: Robolution [Justifiers Band 10]. München Januar 2013, Heyne, ISBN-10 3-453-52980-4, ISBN-13 978-3-453-52980-9, Paperback 11,8 cm x 18,7 cm, 438 Seiten (420 Seiten Roman, der Rest sind der Teil einer Kurzgeschichte von Markus Heitz sowie ein Glossar, 8,99 EUR

Auf dem unbewohnten Mond Coppola II ist ein experimentelles Perpetuum-Triebwerk des Order of Technology (2OT), der an der Vereinigung von Mensch und Maschine arbeitet, verschollen. Ein kleines Team von Justifiern wird ausgeschickt, um es zu bergen, muß aber feststellen, daß der Mond keineswegs unbewohnt ist, sondern ein geheimes Experiment des 2OT beherbergt: Eine Stadt voller intelligenter Roboter, die es seit der geänderten Gesetzgebung nach dem Hephaiston-Anschlag der Golem-Terrororganisation nicht mehr geben darf. Der Auftrag der Justifiers wird zusätzlich dadurch erschwert, daß das Perpetuum seinem Namen alle Ehre macht und eine Reihe entsorgter Roboter wieder mit Energie versorgt, die nun ohne Rücksicht auf Verluste durch die Roboterstadt marodieren. Von den Justifiern, die sich mit einem Führer in die Roboterstadt begeben, unbemerkt verfolgt der vollständig kybernetifizierte Leiter des Experiments seine eigenen höchst egoistischen Ziele.

Die Protagonisten wurden vom Autor recht einfach, aber effektiv gehalten: Weder wirken sie zweidimensional oder aus Klischees gebastelt, noch werden sie sonderlich tiefschürfend charakterisiert, und der Leser erfährt nur wenig über ihre Gedankengänge (vom Versuchsleiter einmal abgesehen, aber das bietet die einzige Möglichkeit des Autors, dem Leser wichtige Informationen zukommen zu lassen). Das fällt jedoch nicht weiter ins Gewicht, da die Charaktere hinreichend farbig ausgestaltet sind, daß der Leser sie sympathisch oder unsympathis findet. Bei der Benennung der Personen hat Christian von Aster einige Hommagen und Späße eingearbeitet, so lautet die Rangbezeichnung des Versuchsleiters von Kempt "Prior Command Unit", was ziemlicher Unsinn ist (übersetzt "frührere Kommandoeinheit"), aber zu PCU abgekürzt werden kann, was für "Photo Conductor Unit" (Bildtrommel) im Photokopierer steht und ein wenig verdreht zu CPU (Central Processing Unit, Hauptprozessor) wird. Der Name seines direkten Untergebenen ist Capek, eine Hommage an den tschechischen Schriftsteller Karel Čapek, den Erfinder des Wortes Roboter.

Das Hauptaugenmerk des Romans liegt in der Schilderung einer nur von Robotern bewohnten Stadt und wie ihr Zusammenleben mithilfe eines Chips, der künstliche Gefühle und Leidenschaften erzeugt, geregelt wird. Dabei wird eine fremdartig-bekannte Kultur vorgestellt, die eine Persiflage der menschlichen Kultur darstellt. Das Justifiers-Team erfährt unter anderem, was die Roboter unter Religion, Pornographie und Sport verstehen, wobei die Anklänge an die entsprechenden menschlichen Verhaltensweisen deutlich sind, obwohl die Roboter es ganz anders und aufgrund der Darstellungsweise im Roman vermutlich besser handhaben. Zu dieser durchaus satirischen Betrachtungsweise der menschlichen Zivilisation paßt auch der erfrischend politisch unkorrekte Ton im gesamten Buch. Dabei nutzt Christian von Aster hier besonders den Söldner "Mono", den Proll unter den Justifiern, der sich jedesmal ärgert, wenn eine seiner politisch unkorrekten Lieblingsbeschäftigungen von den Robotern umfunktioniert wird, und seinem Unmut dann auch Luft macht. Damit wird dem Leser, der ja gerade einen Schund-Baller-Roman liest, sehr schön der Spiegel vorgehalten. In dieses zivilisationskritische Bild paßt auch, daß der einzige Beta des Buches, eine gentechnische Kreuzung aus Mensch und Raptor-Saurier, auf den alle anderen ob seiner vermeintlichen genetischen Minderwertigkeit herabblicken, nach den Robotern der zivilisierteste Protagonist ist.

Der Schreibstil des Buches ist der jüngeren Zielgruppe entsprechend leichtverständlich, aber nicht einfach. Christian von Aster findet hier einen guten Kompromiß zwischen Leichtverständlichkeit und gutem Ausdruck. Dabei werden durchaus komplexe Worte verwendet, aber stets in einer Weise, die sie aus ihrem Kontext heraus direkt verständlich macht, ein Kniff, den sich manch selbsternannter Stilist gern zu eigen machen dürfte. Die Schreibe bleibt freilich unspektakulär, ist damit aber deutlich besser als manch anderes Buch der Serie, und man merkt an einigen Stellen, daß der Autor sich bewußt zurückgehalten hat, um Stil und Inhalt in Einklang zu bringen.

Fazit: Angenehm zu lesendes Popkornkino, das bei näherer Betrachtung mehr zu bieten hat als nur Rumballerei und simple Unterhaltung. Es steht zu hoffen, daß dieses Buch seine Leser unauffällig die Augen für diese zweite Ebene der Unterhaltungsliteratur öffnet. Durchaus empfehlenswert.


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Erstellt am Mittwoch, den 23.10.2013 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 23.02.2014 um 21:13.