Armin Rößler [Hrsg.]: Golem & Goethe. Wurdack Verlag 2005, ISBN 3-938065-13-3, Paperback 12,9 cm x 19,4 cm, 196 Seiten, 9,95 Euro
Golem, eigensinniger Hauptcomputer der ISS Sisyphos, hat ein Gedicht geschrieben, das identisch mit Goethes »Zweites Nachtlied des Wanderers« (Über allen Gipfeln ist Ruh) ist - woraufhin Golem Goethe wegen Plagiats verklagen will und behauptet, dieser habe sein Gedicht mittels Zeitreise in die Vergangenheit gestohlen. In der Nacht entdeckt der Kommandant einen Eindringling, der sich als Johann Wolfgang Goethe vorstellt...
Herrliche Geschichte um einen verdrehten Computer und angeblich unmögliche Zeitreisen, die ein paar unerwartete Wendungen aufweist. Sehr gut!
Michail Komarow ist Polizist auf dem Mars. Im Gefängnis, in dem deportierte Schwerverbrecher von der Erde einsitzen, hat sich eine Geiselnahme ereignet.
Gut erzählte Geschichte, die allerdings einige Seltsamkeiten aufweist, z. B. daß der Polizist das Gefängnis wegen Hausfriedensbruchs nicht betreten darf. Das trübt das sonst gute Bild der Geschichte.
Dr. Patrick T Robertson arbeitet am Large Hadron Collider des CERN bei Genf. Nebenbei hält er Anfängervorlesungen an der Universität von Genf, um sich etwas dazuzuverdienen. Dabei kommt er über die Frage ins Grübeln, wie denn nun ein einzelnes Photon im Zweispalt-Versuch zu einem Interferenzmuster kommt - wechselwirkt es mit sich selbst, oder ist etwas anderes im Spiel? Gleichzeitig geschehen in seinem Privatleben seltsame Dinge, um so mehr, je näher das erste ALICE-Experiment näherrückt, das die letzten Geheimnisse des Urknalls entschlüsseln soll.
Hard SF in Bestform. Eine der besten Geschichten, die ich in diesem Jahr gelesen habe, hier stimmt einfach alles!
Drei Polizisten wollen eine Wohnung durchsuchen, in der sich möglicherweise ein illegaler Kesslok befindet.
Hübsche Vignette über die Auswüchse der Bürokratie.
2183: Ein weiteres SETI-Raumschiff ist zurückgekehrt, die Menschen haben nun Funkkontakt mit 13 außerirdischen Zivilisationen.
Etwas unübersichtliche Geschichte mit einer sehr guten Pointe. Abgesehen von der Pointe gab es das bereits viel besser von Marion Zimmer Bradley im Roman »Der lange Weg der Sternenfahrer«.
Nach einem starken Regen wachsen plötzlich Trichterbecher im Garten der Scherberichs, und der Rasen beginnt zu faulen.
Sehr langatmig und trocken erzähte Geschichte, die außerdem viel zu vorhersehbar ist. Aber die Charaktere kommen gut rüber.
Tiana wird zu einer Hüterin ausgebildet. Zu ihren Aufgaben gehört dann auch, neugeborene Kinder in einem Ritual von der Heiligen Mutter des Listes segnen zu lassen.
Auch wenn die Inhaltsangabe nicht so aussieht, dies ist waschechte Science Fiction, und sehr gute dazu! Es steckt halt manchmal weit mehr hinter einem Ritual, als erkennbar ist...
Nach einem durch eine heruntergefallene Metallplatte verursachten Unfall wird einem Mann durch ein vierarmiges blauhäutiges Wesen geholfen.
Eine herrlich skurrile Geschichte über das Universum und den ganzen Rest... einfach schön!
Robert ist ein Hohlkopf, der Hilfsarbeiten für die genetisch verbesserten Superhirne auf einem Forschungsraumschiff macht. Dann kommen die Superhirne durch eine seltsame Strahlung um.
Mal wieder eine künstliche Zwei-Klassen-Gesellschaft. Gut erzählt.
Drei Wissenschaftler und ein Hausmeister sitzen auf einem Planeten fest, der fast völlig von einer Art Schwamm überwuchert ist. Der droht ihre Station zu überwuchern, und die Wissenschaftler suchen fieberhaft nach einer Möglichkeit, das zu verhindern.
Was soll diese Geschichte aussagen? Das in Verzweiflung aus Wissenschaft schnell Aberglaube wird?
Frank Bleibtreu beobachtet die verseuchte Ebene um Megapol und entdeckt bewaffnete Menschen und weiße Elefanten. Der Behördenapparat glaubt ihm nicht, da die verseuchte Ebene nicht überquert werden kann und in den verbliebenen menschlichen Siedlungen die Agression genetisch ausgemerzt wurde.
Das Geschehen ist irgendwie surreal dargestellt, was gut zu den unbelehrbaren Bürokraten paßt. Das Ende zeigt, daß sie eigentlich nichts gelernt haben.
Ewald Pflanski arbeitet im Büro für Artismusbekämpfung und Bodenverbesserung des Kulturministeriums zusammen mit einer Palmlilie und einem Kaktus, der ihn gern aufzieht. Er versucht außerdem, der Tierärztin Daphne mit einer bengalischen Tigerin zu helfen, die jedoch andere Interessen hat.
Grins! Güttge ist wieder ganz in seinem Element: Intelligente Pflanzen und Tiere sorgen für ganz neue Herausforderungen - und Lösungen. Ein Efeu als Taxifahrer sorgt beispielsweise für die nötige Privatsphäre. Grotesk, skurril und zum Brüllen komisch! Einfach hervorragend, wenn man den Humor mag!
Shukri und Oksana betreiben das Containerschiff Wasserspinne und fliegen über Proxima Centauri nach Tau Ceti, wo sie ihre Schmuggelware gewinnbingend verkaufen wollen.
Gut erzählte Geschichte, die freilich nicht viel neues bietet.
Angehende Studenten üben nicht mehr an Leichen oder echten Patienten, sondern an verblüffend menschenähnlichen Puppen.
Sehr kurze Geschichte, fast eine Vignette, deren Aussage mir allerdings schleierhaft bleibt, was möglicherweise daran liegt, daß es doch recht "blutig" zugeht.
Die Ashawen haben die Erde erobert und beuten sie und die wenigen überlebenden Menschen gnadenlos aus. Jake ist einer der jüngsten, denn es werden keine Kinder mehr geboren. Da entdeckt er ein Mädchen...
Sehr gute Geschichte, wenn sie auch ein wenig zu durchschaubar war.
Rainer Bornemann ist ein toller Typ, der schon die wildesten Situationen gut überstanden hat. Nun sucht er nach einer neuen Herausforderung.
Nette, aber leider viel zu vorhersehbare Pointenstory.
Auf Clio wird ein uralter Obelisk entdeckt und aktiviert. Er sendet eine Nachricht an ein System außerhalb der Galaxis: »Kommt«
Eine sehr dicht erzählte Geschichte mit mehreren völlig unterschiedlichen Handlungsebenen, die Stoff für einen ganzen Roman böten. Von daher ein bischen schade, daß das alles in dieser sehr guten Geschichte verbraten wird... Der Autor spielt außerdem mit der Zahl Sieben.
Um die unbrauchbar gewordenen männlichen Spermien zu ersetzen, werden kybernetische Spermien erzeugt. Die resultierenden kybernetischen Kinder sind leistungsfähiger und langlebiger als biologische.
Sehr schöne Vignette mit guter Schlußpointe!
Quentin wurde angeschossen. Nun kommen ihm Bruchstücke seiner Erinnerungen in den Sinn, manche davon seltsam.
Eine eher undurchsichtige und düstere Story, die leider die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortet.
Nach dem Krieg: Die únter der Erde aufgewachsene Meg wird von ihrem Bruder Davy mit auf eine Expedition für die Zukunft genommen.
Ordentliche Geschichte mit einer kleinen Schlußpointe.
Die Shaari, auch Wusler genannt, leben in riesigen freischwebenden Gebäuden, die durch ein Gravo-Organ zum Schweben gebracht werden.
Sehr gut erzählte Geschichte, nur das seltsam unklare Ende stört, wie auch schon bei »Faust«. Insgesamt ist »Der Gravo-Dom« aber besser.
Fazit: Die nunmehr vierte SF-Anthologie unter der (Mit-)Herausgeberschaft von Armin Rößler bietet eine gute Mischung von Geschichten, unter denen sich auch ein paar wirklich gute befinden. Damit kommt diese Anthologienreihe zwar nicht an das Niveau von »Nova« und »Visionen« heran, aber sie ist gut genug, um empfehlenswert zu sein - wer sich für deutschsprachige Science Fiction der kurzen Form interessiert, wird in diesem Buch genügend gutes Material finden, um den erfreulich günstigen Kaufpreis zu rechtfertigen.
Die besten Geschichten (beste zuerst):
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Erstellt am Mio, den 08.02.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am Mio, den 08.02.2006 um 23:44.