Ulrike Nolte: Die fünf Seelen des Ahnen

Ulrike Nolte: Die fünf Seelen des Ahnen. Atlantis Verlag 2006, ISBN 3-936742-60-X, Paperback 14,8 cm x 21,0 cm, 227 Seiten, 12,90 Euro

Ulrike Nolte: Die fünf Seelen des Ahnen

Nach einer ökologischen Katastrophe flohen die Menschen an Bord etlicher Raumschiffe auf der Suche nach neuen Heimatplaneten ins Weltall. In Arche 32 regiert die Crew (genauer gesagt deren Nachkommen) über die Passagiere. Auf einen bewohnbaren Planeten hoffen sie schon lange nicht mehr, nhmen ihre Odysse als gerechte Strafe für die Zerstörung der Erde. Um ihr sinnloses Leben interessant zu gestalten, leben die Menschen in Gilden, ganz entsprechend der jeweils imitierten Kultur. Durch direkte Induktion ins Gehirn schafft der »Strom« Illusionen, die man nur mit seinem Hirnimplantat abschalten kann. Die Stimmung ändert sich schnell, als ein Wasserplanet entdeckt wird. Bei der Erforschung verschwindet Crewmitglied Caravan, wird aber einige Tage später gefunden - mit völligem Gedächtnisverlust und ohne sein Implantat. Das läßt auf eine einheimische Intelligenz schließen. Währenddessen kommt es an Bord der Arche zu Anschlägen, eine Revolte droht.

Das Buch ist ordentlich geschrieben und unterhaltsam zu lesen. Es beginnt mit deutlichen Anleihen bei Larry Niven (Crew gegen Passagiere wie in »A Gift from Earth«) und Stanislaw Lem (»Solaris«, der plötzlich zurückgekehrte Caravan). Bald aber hatte ich den Eindruck, ein schlechtes Esoterik-Buch zu lesen - die Behauptung, durch Übernahme der DNA eines Lebewesens würde auch dessen Lebens- und Denkweise, sogar seine Erinnerungen übernommen, ist wissenschaftlich gesehen Unsinn. Selbst Tiese müssen wichtige Fähigkeiten von den Eltern erlernen - eine Katze muß das Mäusefangen und -töten beigebracht werden, von Geburt an ist nur ein genereller Jagdinstinkt da.

Schon in ihrem ersten Roman »Jägerwelten« thematisierte Ulrike Nolte die Auseinandersetzung eines einzelnen Außerirdischen mit der menschlichen Kultur. Damas traten die unterschiedlichen Kulturen schnell in den Schatten einer actionlastigen Handlung. Beim vorliegenden Roman geht es wieder um die Begegnung eines einelnen Außerirdischen mit Menschen, diesmal einem Flüchtlingsschiff von der zerstörten Erde. Diesmal ist der Außeriedische noch fremder: Ein Gestaltwandler, bei dem das Wort »Gedankenaustausch« wörtlich zu nehmen ist: Informationen werden tatsächlich unwiderbringlich fortgegeben. Leider wird diese totale Fremdheit nicht gut vermittelt und schnell dadurch verwässert, daß der Außerirdische durch die Übernahme menschlicher DNA auch die menschliche Denkweise übernimmt.

Dabei wäre gerade dieser völlig fremde, sehr anpassungsfähige und hochintelligente Außerirdische hervorragend in der Lage gewesen, der Menschheit den Spiegel vorzuhalten. Denn trotz aller großen Reden haben die Menschen nicht das geringste aus der Katastrophe auf der Erde gelernt, sie sind fröhlih dabei, dieselben Fehler wieder zu begehen. Die völlig dekadente Gesellschaft auf Arche 32 böte jede Menge Andriffspunkte, aber außer ein paar spitzen Bemerkungen des Außerirdischen kommt da gar nichts. Stattdessen Verbrüderung, ein wenig Action und ein gemeinsamer Feind (wobei der Außerirdische und seine Artgenossen als Deus ex Machina herhalten dürfen) und am Ende Friede, Freude, Eierkuchen. Schade!

Fazit: Das Buch ist ordentlich geschrieben und bietet nette, wenn auch anspruchslose Unterhaltung. Aber was hätte aus diesem Stoff für ein großer gesellschaftskritischer und dennoch unterhaltsamer und spannender Roman gemacht werden können! Von daher trotz allem für mich sehr enttäuschend.


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Erstellt am Do, den 27.07.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 03.12.2006 um 19:34.