Elizabeth Moon: Heldin wider Willen (Once a Hero, 1997) [Familias Regnant Band 4, Esmay Suiza Band 1]. Bastei-Lübbe 2002, ISBN 3-404-24297-1, aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Thomas Schichtel, Taschenbuch (11,6 cm x 18,0 cm), 588 Seiten, 8,90 Euro
Lieutenant junior grade Esmay Suiza war es mit viel Glück gelungen, als ranghöchster überlebender Offizier der Despite nach der Meuterei gegen die Verräter an Bord mit dem entscheidenden Schuß das Flaggschiff der Angreifer zu zerstören und damit den Regierenden Familias (im Original: Familias Regnant) zum Sieg gegen die Übermacht zu verhelfen. Nun warten sie und ihre 4 überlebenden Offizierskollegen auf das nach Meutereien obligatorische Kriegsgericht. Die lange Wartezeit zehrt an ihren Nerven. Schließlich werden sie freigesprochen und belobigt. Was den Ermittlern besonderes Kopfzerbrechen bereitet, ist die Frage, wie und warum Esmay ihre Kommandobegabung bislang geheimgehalten hat - doch auch sie selbst weiß nichts davon. Sie erhält einen Monat Heimaturlaub, und dort findet sie schließlich heraus, daß ihre Albträume viel näher an der Wahrheit sind, als ihr immer eingeredet wurde...
Der handelsübliche deutsche Leser wird sich etwas schwertun, in dieses Buch hineinzufinden, denn er weiß nicht, daß es sich tatsächlich um den vierten Band einer wohl siebenteilig bleibenden Serie handelt. Viele Dinge werden daher nur beiläufig erwähnt, da sie bereits in den vorigen Bänden um Heris Serrano erklärt wurden. Das setzt sich auch in den weiteren Bänden fort, wo Brun Meager, Lady Cecelia und die überlebenden Spießgesellen von Admiral Lepescu wieder eine wichtige Rolle spielen werden. Schade, daß Bastei-Lübbe die ersten drei Bände nicht auf Deutsch herausgebracht hat! Wer der englischen Sprache hinreichend mächtig ist, kann sich aber die ersten drei Bände als preisgünstigen Sammelband »Heris Serrano« kaufen.
Elizabeth Moon zählt zu den guten SF-Autoren aus den USA. Sie erhielt bereits den Nebula Award und war für den Hugo nominiert. Durch ihre dreijährige Dienstzeit im US Marine Corps hat sie den nötigen Einblick, um realistisch militärisches Verhalten darzustellen und weiß »Heldentum« nüchtern zu betrachten. Doch ihre Military Science Fiction unterscheidet sich deutlich von den meisten anderen Vertretern dieses Subgenres: Die militärischen Operationen bilden nur einen Teil der Handlung und sind eigentlich nur Mittel zum Zweck, die Charaktere auch unter Extremsituationen beobachten und beleuchten zu können. Die Charakterisierung ihrer Hauptakteure bildet den Kern ihrer Romane.
Viele Romane von Elizabeth Moon haben ein gesellschaftspolitisches Anliegen der Autorin als Thema. »Heldin wider Willen« beschäftigt sich mit Kindesmißbrauch sowie dessen schamvollen Verschweigens und den daraus resultierenden Spätfolgen für die Opfer. Esmay wurde als Sechsjährige Opfer dieses Verbrechens, weiß jedoch nichts davon, denn ihre Familie stellt die Alpträume als Auswirkungen einer Fiebererkrankung dar. Dadurch konnten ihre seelischen Wunden niemals heilen, und ihre Persönlichkeit nahm dauerhaften Schaden. Erst als sie durch Zufall die Wahrheit erfährt, kann sie sich psychologisch behandeln lassen, um ihre lange verschütteten Fähigkeiten endlich nutzen zu können. Esmays Situation, vor allem ihre Selbstzweifel, wird sehr gut dargestellt und stellt ein eindringliches Plädoyer gegen das Verschweigen von Kindesmißbrauch und für die frühzeitige Hilfe für die Opfer dar.
Fazit: Spannende Handlung, gut ausgearbeitete Handlung und eine hervorragend in die Handlung integrierte Botschaft: So muß Science Fiction sein! Dieser Military SF Roman wird auch vielen Lesern gefallen, die diesem Subgenre sonst nicht viel abgewinnen können. Unbedingt empfehlenswert!
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Erstellt am Di, den 24.10.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 03.12.2006 um 16:08.