Andreas Monte: Synchroton - Auf dem Weg zur Hölle

Andreas Monte: Synchroton - Auf dem Weg zur Hölle. Sprakensehl 2008, Asaro Verlag, ISBN 3-939698-66-0, Paperback 14,8 cm x 21,0 cm, 198 Seiten, 15,90 Euro

Andreas Monte: Synchroton - Auf dem Weg zur Hölle

Der Kernphysiker Dr. Henry Mathew arbeitet in der Nähe von Chicago bei der »Walton SynchrotonAccelerator Corporation«, kurz auch »Sync Inc.« genannt. Seit dem Forschungsinstitut die Sponsoren ausgegangen sind, gibt das Militär den Ton an, das dort an einer unerschöpflichen Energiequelle forscht. Auf Druck von General West will Henrys Chef Professor Charles Hartman das Synchrotron betreits nach derm ersten erfolgreichen Test nach sehr vielen Fehlschlägen mit Vollast in Betrieb nehmen. Henry ist strikt dagegen und hält das für viel zu gefährlich, außerdem sind die theoretischen Berechnungen noch nicht abgeschlossen und ergeben keine klaren Ergebnisse. Er muß einsehen, daß er Hartman nicht von der Inbetriebnahme abhalten kann, und entscheidet sich, den Magnetschlüssel, der zur Inbetriebnahme und zum Abschalten der Anlage benötigt wird, zu entwenden. Dann fährt er nach Chikago, um gute Freunde aus seiner Jugendzeit zu treffen. Am nächsten Tag hört er ein dumpfes Summen und sieht Nordlichter - Hartman ist es doch gelungen, das Synchroton in Betrieb zu nehmen, und irgendwas ist gründlich schiefgegangen. Die Bevölkerung Chicagos flieht in Panik, und es kommt zu verheerenden Erdbeben. Henry entschließt sich, zur Anlage zurückzukehren und sie mit dem Magnetschlüssel abzuschalten. Einige seiner Freunde begleiten ihn. Er weiß allerdings nicht, daß General West rachsüchtig nach ihm sucht...

Das Buch beginnt ohne längere Einführung gleich spannend, und dieser Spannungsbogen hält kontinuierlich bis zum Ende durch. Das ist für ein Erstlingswerk eine gute Leistung. Das Buch lebt von diesem Spüannungsbogen, er treibt die Handlung und mit ihr die Protagonisten voran und hält mich als Leser bei der Stange - jedenfalls beim ersten Lesen.

Die Protagonisten bleiben flach und klischeehaft. Trotzdem gelingt es Andreas Monte, sie liebens- oder hassenswert darzustellen. Der naiv-gute Wissenschaftler, der gnaden- und gefühllose General, der rückgratlose Forschungschef, dem Geld wichtiger ist als Sicherheit, der unsichere Feigling, der nur mit überlegenem militärishen Rang und Waffe den toughen Major spielen kann und selbst dann seine Unsicherheit durch Gemeinheit überspielen muß... Die Charaktere sind eine Ansammlung von Klischees, die aber durch einiges Geschick des Autors gut in Szene gesetzt und in die spannende Handung integriert werden. Spätestens beim zweiten Lesen fallen die simpel gestrickten Personen aber unangenehm auf.

Es gibt neben dem guten Spannungsbogen noch etwas Positives zu berichten: Im Buch gibt es fast keine Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler! Das ist gerade bei kleinen Verlagen leider nicht selbstverständlich, aber auch bei den großen Verlagen (speziell Bastei-Lübbe) ist die Situation nicht gerade optinal. Daher hier ein großes Lob an den Korrektor!

***Spoilerwarnung! Wer nicht wissen möchte, wie das Buch ausgeht, lese bitte beim Fazit weiter.***

Es gibt einige »Höllenvisionen«, die mich doch gestört haben, zumal General West dabei aus der Offenbarung des Johannes zitiert. Diese Visionen werden später als Zeitsprung in die Zukunft erklärt. Obwohl es hinterher gelingt, das Syynchrotron abzuschalten, und die Folgen wohl auf den nördlichen Mittelwesten der USA beschränkt blieben, gehen offenbar trotzdem alle Protagonisten davon aus, daß diese Zukunft trotzdem eintreten wird, auch wenn das Wann nicht definiert wird. Das finde ich unlogisch, schließlich wrde das Problem rechtzeitig beseitigt.

Das bringt mich zu anderen unlogischen Dingen: Die wissenschaftliche Grundlage des Buches ist nicht besonders an der Realität orientiert, um das mal vorsichtig auszudrücken. Es geht los mit der Erforschung einer neuen Energiequelle - angeblich soll gemäß der Relativitätstheorie ein Synchrotron unter bestimmten Umständen Energie erzeugen statt verbrauchen. Das klingt schon nicht sehr vertrauenerweckend, und nach der Inbetriebnahme des Synchrotrons, bei der im Buch plötzlich von einer Waffe die Rede ist, wird klar, daß die Anlage offenbar genug Energie erzeugt, um auch bei abgeschalteter Energieversorgung (aber seltsamerweise noch laufendem Atomreaktor...) genug Elektrizität in den Magneten zu inuzieren, um die geladenen Teilchen im Synchrotron weiterhin in die Kreisbahn zu zwingen. Das beschreibt recht treffend ein Perpetuum Mobile, ein Gedankenkonstrukt, das den Energieerhaltungssatz. Die Relativitätstheorie verletzt den Energieerhaltungssatz selbstverständlich nicht. Ziemlich zum Schluß wird noch vermutet, daß sich im Zentrum des Beschleunigerrings ein Schwarzes Loch gebildet haben könnte (über das am Ende des Buches gnädigerweise die Decke des Schweigens gebreitet wird). Wenn die Energie und die Zusammenstöße innerhalb der nur zentimeterdicken Röhre des Synchrotrons passieren, wie kommt das Schwarze Loch dann ins Zentrum des Rings, mehrere Kilometer entfernt? Es ist nicht klar, wozu das Schwarze Loch ins Spiel gebracht wird. Vielleicht, weil das gerade bezüglich der Experimente am CERN aktuell ist, vielleicht, weil es mit seiner Anziehungskraft erklären soll, warum die geladenen Teilchen trotz Energieabschaltung weiter in der Röhre ihre Kreise ziehen - aber dann hätten die Protagonisten im Tunnel die hohe Gravitation spüren müssen - was nicht funktioniert, da im Kreis bewegte geladene Teilchen durch die sogenannte Synchrotronstrahlung Energie verlieren, dieser Prozeß sorgt dafür, daß in der Akkretionsscheibe um kosmische Schwarze Löcher das heiße Plasma letztlich im Loch landet.

Interessant ist auch, daß zu Anfang zwar von militärisch bestimmter Forschung, nicht jedoch von Waffenentwicklung die Rede ist. Das kommt erst, nachdem die Inbetriebnahme schiefgegangen ist. Dabei frage ich mich allerdings, wie man ein Synchrotron als Waffe einsetzen kann - ein kreisförmiger Tunnel von mehreren Kilometern Durchmesser ist ja nicht besonders beweglich, kann also nicht mal eben in eine Kampfzone gebracht werden. Es sei denn natürlich, man plant den Krieg gegen die eigene Bevölkerung...

***Spoilerwarnung Ende***

Fazit: Ein spannend erzählter Roman, der sich die aktuelle Diskussion um die Experimente am CERN geschickt zunutze macht. Leider fehlt eine solide wissenschaftliche Grundlage, und die Protagonisten dürften besser ausgestaltet sein. Insgesamt ein ordentliches Erstlingswerk mit Schwächen.


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Erstellt am Di, den 27.01.2009 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am Mio, den 28.01.2009 um 23:56.