Helmuth W. Mommers [Hrsg.]: Die Legende von Eden (Visionen 2005). Shayol Verlag, ISNB 3-926126-52-3, Paperback 13,0 cm x 19,9 cm, 255 Seiten, 14,90 Euro
Harmony McAmber ist eine furchtbar zickige Hollywood-Diva. Ihr Regisseur James hat beim Gespräch mit dem Special-Effects-Mann Fred Knox die Idee, sie durch ein elektronisches Ebenbild zu ersetzen...
Eine sehr vergnügliche Geschichte mit treffend gezeichneten Charakteren, die ziemlch dicht an der Realität ist, einige Experimente in dieser Richtung hat es ja schon gegeben.
Benjamin Lasar war ein Wissenschaftler ohne Skrupel, der mit biologischen Implantaten, Klonen und ähnlichem in einer lateinamerikanischen Diktatur ein Vermögen verdient hat. Doch schließlich sind die USA eingeschritten, und nun wurde Lasar von seinen Häschern eingefangen - doch er behauptet, gar nicht Lasar zu sein!
Sehr gute Geschichte über Verantwortung und wie man ihr entgehen kann. Es gibt eine Reihe interessanter Überraschungen und Wendungen, die keine Langeweile aufkommen lassen.
Der Ich-Erzähler ist ein Bugu, ein Unkrautjäter im Garten Eden. Er ist den ganzen Tag damit beschäftigt, Unkraut zu fressen, damit ER sich an den Zierpflanzen erfreuen kann. Dabei denkt der Bugu über SEINE Projekte nach, z. B. den Menschen, der nichts als Ärger macht.
Sehr vergnügliche und gute Geschichte, die mit gehörigem Augenzwinkern erzählt ist.
Anton Pfeiffer ist Programmierer auf dem Weg zu einem Kongreß, doch bei der Fahrt mit der U-Bahn ist er plötzlich eine Stunde zu spät! Er versucht herauszufinden, was da passiert ist.
Eine ordentlich erzählte Geschichte, die allerdings von Anfang an unwirklich wirkt und daher leicht zu durchschauen ist.
Hitler und sein Sekretär Siegfried Heldt fliegen mit dem Zeppelin nach Friedrichsburg, Karolina, um dort Wahlkampf zu betreiben und mit einem einflußreichen Amerikaner zu verhandeln.
Henkel kehrt wieder in die alternative Welt zurück, in der auch schon die hervorragende Geschichte »Mr. Lincoln fährt nach Friedrichsburg« spielte. Auch dies ist eine gute Geschichte geworden über Ideologien und die Menschen dahinter.
Lil hat heute »ihren Tag«, an dem sie Gerechtigkeit für ihr zerstörtes Fahrrad erhält. Ihr Freund Harvey hilft ihr dabei.
Skurrile Geschichte über ein Rechtssystem, das wieder zu »Auge um Auge, Zahhn um Zahn« zurückgekehrt ist. Das wird an einem Beispiel auch noch verherrlicht. Auch die distanzierte Erzählweise der Ich-Erzählerin vermag nicht zu überzeugen.
Martin Engelhart leidet unter der Wahnvorstellung, von Aliens entführt worden zu sein, und wird mit einem neuen Medikament behandelt, das dem Psychologen Zugriff auf sein Unterbewußtsein gewährt.
Gute Geschichte, die weniger durch Originalität als durch dichte Erzählweise überzeugt. Diesmal begeht Thiemeyer nicht den in »Medusa« gemachten Fehler, die Erklärung jedes Rätsels gleich vorwegzunehmen.
Cosmos Horoskop sagt ihm Ärger voraus, aber er glaubt als rationaler Philosoph natürlich nicht an sowas. Doch ein Grüppchen rebellischer Roboter ist ganz in der Nähe...
Andreas Winterer kehrt mit einer Kurzgeschichte zu seiner Satirefigur aus "Cosmo Pollite" (2000) zurück. Diesmal kann er sich auf eine Handlung konzentrieren, was der Geschichte deutlich zugute kommt. Ach hat Winterer es gekonnt vermieden den Humor aufgesetzt wirken zu lssen. Dadurch ist es ihm gelungen, eine rundum gute und lustige Story zu verfassen.
Konrad versucht sich als Wissenschaftsjournalist und brütet über seltsamen Ereignissen in allen Teilen der Erde, die offenbar am Tag eines Hochenergie-Quantenphysik-Versuchs begonnen haben.
Gut erzählte Geschichte mit einer skurrilen Idee, schlüssing und mit guten wissenschaftlichen Kenntnissen hergeleitet. Ein echter Genuß, der das Gehirn richtig auf Touren bringt! Einen kleinen Fehler gibt es allerdings: Die Wissenschaftler haben inzwischen eingesehen, daß die Gravitation keine Kraft, sondern eine Eigenschaft des von Masse verzerrten Raums ist.
Biologielehrer und Käferliebhaber Robert unternimmt mit seinem Sohn Benno eine »Expedition« in eine Tiefgarage. Dabei entdeckt er einen fast ausgestorbenen Käfer. In den nächsten Tagen findet er weitere seltene Käferarten, dann verschwindet sein Sohn.
Eine langweilige Geschichte, deren Ende eher Horror als Science Fiction ist.
In der Fernsehshow »Weiter oder Raus« können die Kandidaten viel Geld gewinnen, wenn sie diverse Verstümmelungen bei vollem Bewußtsein an sich durchführen lassen.
Gruber treibt die Reality-Show auf die Spitze. Immerhin werden die eigentlichen Operationen nicht im Fernsehen gezeigt - wobei mich nicht wundern würde, wenn bei einer tatsächlichen Umsetzung auch davor nicht haltgemacht würde. Die Geschichte ist gut erzählt, aber auf jeden Fall nichts für Zartbesaitete - ich habe erstmals eine Geschichte nicht bis zum Ende durchgelesen. Der Ekelfaktor ist hier enorm, das hatte mich schon in Grubers Geschichte »Sieben Ampullen« (2003, in »Nova 2«) sehr gestört. Eine Geschichte wird durch exzessiven Einsatz von Splattereffekten nicht besser, das gilt für den Film ebenso wie für das Buch.
Gregoroff hat eine Zeitmaschine erfunden und die Firma TimeSave gegründet, die verlorene Kunst- und Kulturschätze unmittelbar vor ihrer Zerstörung rettet. Dummerweise hat ein Agent ein Kind aus Pompeji mitgebracht...
Sehr gut erzählte Geschichte mit einer raffinierten Pointe (die allerdings, von den Autoren möglicherweise unbemerkt, ein böses Zeitparadoxon enthält). Die bislang beste Geschichte der Hoeses!
David Green und William »Bill« Jefferson sind zwei zu lebenslanger Haft verurteilte Verbrecher, denen von MEDEA eine Art Begnadigung angeboten wird, wenn sie den Fall eines verschundenen Prospektoren-Kriegsschiffes untersuchen.
Erneut hat sich Helmuth W. Mommers entschieden, die (meiner Meinung nach) beste Geschichte bis zum Schluß aufzusparen. Es ist außerdem die mit Abstand beste Geschichte, die ich von Frank W. Haubold gelesen habe! Haubold hat ja oft etwas ungewöhnliche Phänomene in seinen Geschichten, die nicht immer so ganz in die Science Fiction (nach meiner Definition) passen. So auch hier, doch paßt sich diese hervorragend in eine waschechte Space Opera-Geschichte ein! David wird gut charakterisiert, während Bill rätselhaft bleibt. Das Rätsel um den Planeten Eden wird spannend präsentiert und wartet mit einigen Überraschungen auf. Nur das Ende wirkt etwas überstürzt, aber das ist für die eigentliche Geschichte nicht von Belang.
Fazit: Helmuth W. Mommers ist es gelungen, nach seiner hervorragenden ersten Visionen-Anthologie mit der zweiten Ausgabe das Niveau zu halten. Die durchschnittliche Qualität der Geschichten ist meiner Meinung nach geringfügig unter der ersten Ausgabe, aber meine Erwartungen wurden übertroffen. Besonders positiv möchte ich anmerken, daß diese Anthologie die meiner Meinung nach bislang besten Geschichten gleich von zwei Autoren enthält: Frank W. Haubold und Derirée & Frank Hoese! Dem Gespann Helmuth W. Mommers (Herausgeber) und Hannes Riffel (Lektor) gelingt es offenbar immer wieder, das Beste aus ihren Autoren herauszukitzen - das läßt für die Zukunft hoffen!
Hier meine Wertungsreihenfolge der sehr guten Geschichten (beste zuerst):
Damit gibt es nun nach Nova eine zweite Anthologie Deutscher SF mit hervorragender Qualität. Damit besteht endlich Hoffnung auf eine angemessene Veröffentlichungsmöglichkeit für deutsche Autoren, auch wenn diese Anthologien leider dem »normalen« Publikum in Buchhandlungen verborgen bleiben werden.
Copyright ©2006 Martin Stricker.
Liste meiner Rezensionen
Listen mit deutscher Science Fiction
Erstellt am Mo, den 30.01.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 03.12.2006 um 16:14.