Karsten Krepinsky: Nicht die Welt. Bremen Juli 2011, Neuweltverlag / Die Typonauten, ISBN 3-00-032800-, Hardcover mit billiger Leimbindung und Lesebändchen 12,4 cm x 19,6 cm, 200 Seiten, 16,95 EUR
25 Jahre nach einen großen Krieg, den das alte Regime unter dem Idol nur sehr knapp mithilfe von Spaltungsfernraketen hat gewinnen können, kommt es in einem Spaltungswerk in der Stadt (die offenbar Hauptstadt des alten Regines war) zu einer Katastrophe, die Menschen werden (oft zu spät) evakuiert, die Stadt zum Sperrgebiet und die Regierung, die nun nicht mehr direkt dem alten Regime angehört, zieht nach Neustadt um. Etwa 10 bis 15 Jahre nach der Katastrophe macht sich der junge Mann heimlich als Teil einer Säuberergruppe auf den Weg in die Stadt, um für einen Auftraggeber eine wertvolle Münze aus dem Innenministerium zu bergen. Insgeheim hofft er jedoch, dort auch ein sagenumwobenes Papier zu finden, das Hoffnung auf eine bessere Zukunft verheißen soll. In der Stadt trifft er zunächst die junge Frau, die er zu schützen versucht, und muß später erkennen, daß die Stadt bei weitem nicht so unbewohnt ist, wie er geglaubt hat. Die verschiedenen Gruppen erhalten offenbar Unterstützung aus Neustadt. Einer der Lieferanten ist der alte Wächter, der sich ebenfalls entschließt, dem Innenministerium einen Besucht abzustatten. Dort hält der alte Mann Wache, der mehr und mehr sein Gedächtnis verliert...
Die Geschichte wird völlig ohne Namen erzählt (das Maximum, das man erfährt, ist, daß der Nachname des alten Mannes mit F beginnt), und auch Hinweise auf den Handlungsort und die Art von altem und neuem Regime sind äußerst dünn gesät, reichen jedoch zur Identifikation aus (ich will das jedoch nicht verraten). Zunächst hat mir die Rätselraterei durchaus gefallen, aber das wurde schnell langweilig, was wohl auch an der nur langsam und ohne Höhepunkte dahinplätschernden Handlung liegen dürfte. Die drei Hauptcharaktere junger Mann, alter Mann und alter Wächter werden zwar gut beschrieben, aber nicht tiefer charakterisiert, ihre Verhaltensweisen bleiben mir fremd und oft unerklärbar. Die verschiedenen Gruppen in der Stadt haben sich unterschiedlichste Philosophien oder Religionen zurechtgezimmert, ein tieferer Sinn bleibt mir allerdings verborgen. Ähnlich ist es mit dem Ende des Buches: Diffus, unklar und ohne Auflösung läßt der Autor den Lese im Stich. Es gibt zwar Denkanstöße im Buch, jedoch vermeidet der Autor peinlichst, dem Leser dabei eine Richtung aufzuzeigen, so daß ihre Wirkung verpufft. Möglicherweise ist mir der tiefere Sinn dieses Werkes entgangen, ich frage mih jedenfalls, was das den nun sollte, und finde noch nicht einmal den Ansatz einer Antwort.
Positiv aufgefallen ist mir die Sprache: Schnörkellos und schlicht entfaltet sie dennoch eine erstaunliche Kraft. Der Schreibstil kann da nicht ganz mithalten, zu sehr schweift der Text immer wieser in banale Details ab, statt interessante Antworten zu geben. Doch die Methode des Autors, wohlbekannte Dinge durch präzise beschreibende Wortneuschöpfungen gleichzeitig zu entfrenden und verständlich zu machen, macht einen Großteil davon wieder wett und ist die herausragende Eigenschaft dieses Romans. Schöne Beispiele sind Spaltungsfernrakete (Interkontinentalatomrakete) und Steintor (dessen normalen Namen ich nicht nennen möchte, um die Spannung beim Lesen nicht zu gefährden). Das hat mir sehr gut gefallen.
Fazit: Insgesamt ein eher langweiliges Buch, das sich konsequent weigert, dem Leser Hinweise auf seinen Sinn und seine Aussage zu geben. Positiv bemerkenswert ist die Sprache mit ihren treffenden Wortneuschöpfungen. Hauptsächlich für Liebhaber experimenteller Erzählkunst geeignet.
Copyright ©2011 Martin Stricker.
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Erstellt am So, den 13.11.2011 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 13.11.2011 um 21:06.