Michael R. Baier: Coruum Volume I

Michael R. Baier: deutschsprachigCoruum Volume I. Selbstverlag, ISBN 3-00-016257-7, Paperback 14,8 cm x 21,1 cm, 581 Seiten, 14,99 Euro

Michael R. Baier: Coruum Volume I

In der Nähe der Maya-Stadt Tikal (Guatemala) wird eine Stele mit völlig unbekannten Schriftzeichen gefunden. Weitere Ausgrabungen fördern eine bislang unbekannte Maya-Stadt zutage, unter der sich Räume mit unserer heutigen Zeit überlegener Technologie befinden. Offenbar wurden die Bewohner der verschütteten Maya-Stadt von der Erde entfernt.

In der »Roter Nebel« genannten Region unserer Galaxis gibt es drei Machtblöcke:

Als die Archäologen die von den Außerirdischen gebauten Räume betreten, werden sowohl an einen der 7 Könige als auch an die Unsichtbare Flotte automatische Nachrichten geschickt. In beiden Machtblöcken gerät man in ziemliche Hektik, denn fast alle Informationen über den Planeten Ruthpark (die Erde) und die verschüttete Maya-Stadt Coruum wurden vor etwa 1170 Jahren gelöscht. Ruthpark befindet sich am Rande der Nebelwelten am galaktischen Spalt zum Zentrum.

Als allererstes braucht dieses Buch einen Anhang mit Glossar, historischen Hintergrundinformationen und möglichst auch einem Personenregister. Zu viel Informationen werden über das Buch verstreut preisgegeben, es war eine ziemliche Arbeit, die Zusammenfassung zu den drei Blöcken oben zu erstellen. Ein Inhalsverzeichnis zu allen Kapitel wäre auch hilfreich, da ich trotz meiner umfangreichen Notizen immer wieder zurückblättern mußte, um einen weiteren Zusammenhang zu verstehen. Zwar gibt es mehrere Erklärungsblöcke am Beginn einiger Kapitel, leider verschweigen diese oft wichtige Einzelheiten oder alternative Bezeichnungen.

Das Buch ist auf ungewöhnliche Weise geschrieben: Es gibt gleich drei Ich-Erzähhler! Ereignisse, die keiner der drei miterlebt hat, werden aus einem neutralen Blickwinkel erzählt. Das hat den zum Teil irritierenden Effekt, daß dieselbe Ereigniskette dreimal erzählt wird, nicht immer in der Reihenfolge, die die kausalen Effekte am sinnvollsten darstellt - wieder ist Blättern gefragt. Dr. Donavon McAllon, schottischer Adliger, ist Archäologe und Spezialist für Kalendersysteme. Er wird durch seine Studiumskollegin Dr. Karen Whitewood zur Ausgrabung hinzugezogen. Ashia ad Asdinal ist Offizierin des Extraktionskorps der Gilde und wird nach einer fehlgeschlagenen Extraktion dank Fürsprache eines befreundeten Händlers nicht exekutiert, sondern mit der Untersuchung der Sendung aus Coruum beauftragt. Merkanteer Keleeze Peerl ist Offizier der Organisation der 7 Königreiche und überwacht Tests eines neuen Hypersprungantriebs, der ohne fest installierte Hypersprungtore auskommt. Er wird von Torkrage Treerose, König von Treerose/Restront, dem größten der 7 Königreiche, mit der Untersuchung der Sendung aus Coruum beauftragt, da kein anderes Schiff der 7K so schnell nach Ruthpark gelangen kann. Außerdem kennen er und der König sich aus ihrer Jugend.

Alle Außerirdischen sind Menschen. Nichtmenschliche Intelligenzen werden noch nicht einmal angedeutet. Für diese Seltsamkeit gibt es keinerlei Erklärung, und niemand scheint das seltsam zu finden. Die Katastrophe, die zur Entstehung des Tektor-Artefakts geführt hat, könnte eine Erklärung liefern. Erstaunlich ist auch, daß die etwa 20.000- bis 25.000jährige interstellare Geschichte (wobei die Zeitrechnung im Jahe 30.396 angekommen ist) im Grunde auf die heutigen Ereignisse und die vor 1170 Jahren reduziert wird. Die Sache mit den extrahierten Kulturen hat auch so ihre Tücken. Die Entwicklung des Menschen auf der Erde ist paläontologisch und archäologisch gut gesichert (abgesehen von den paar Kreationisten in den USA...). Mit den Maya nimmt Baier eine Kultur aufs Korn, die gut in ihr sprachliches und kulturelles Umfeld eingebettet ist - ich bin gespannt, ob er behaupten will, sie stamme von außerhalb der Erde. Das macht wenig Sinn, das einzig wirklich isolierte Volk sind die Basken - ihre Sprache ist absolut einzigartig, und sie haben zu 50% negativen Rhesusfaktor, im Gegensatz zu 15% in der restlichen (indoeuropäischen) Bevölkerung Europas.

Das Buch ist spannend geschrieben, die Hintergründe zu den Mayas sind sehr gut recherchiert und werden nicht zu aufdringlich präsentiert. Leider beschränkt sich Baier darauf, beschreibend zu erzählen. Das kann er gut, die jeweiligen Orte und Handlungen kann ich mir sehr gut plastisch vorstellen. Dabei läßt sich Baier zum Teil sehr viel Zeit, manchmal hatte ich mehr den Eindruck, die Beschreibung eines Films zu lesen. Das Buch ist ein ganz schön dicker Wälzer und könnte einige Kürzungen und Straffungen vertragen. Am Ende des Buches wird erwähnt, daß Baier mit einer Lektorin zusammengearbeitet hat, das Ergebnis ist auch gut, doch hätte sie sicherlich noch einiges mehr aus dem Autor herausholen können. Einen Korrektor hätte das Buch auch vertragen können - computergestützte Korrekturfunktionen können bestimmte Fehlerarten gar nicht entdecken, und von denen gibt es leider so viele, daß mich das geärgert hat.

Leider werden die Personen überhaupt nicht charakterisiert, es handelt sich nur um zweidimensionale Klischees, auch findet keine Persönlichkeitsentwicklung statt, sie reagieren einfach nur entsprechend ihrem Schema. Beispiel Donavon: Er war Offizier, bevor er eine akademische Laufbahn einschlug, fährt einen nagelneuen Porsche, geht zu Familientreffen und den schottischen Sportspielen mit Baumstammwerfen etc., trinkt gerne Whisky (ohne e!) und sagt ständig »Aye!« Von Geiz ist zwar nicht die Rede, ansonsten verhält er sich wie von einem adligen schottischen Wissenschaftler zu erwarten. Am Anfang des Buches wird viel Zeit auf die Darstellung seines Hintergrunds verwandt, aber der Leser erfährt kaum etwas über seine Persönlichkeit, wie er denkt und warum er tut, was er tut. Aufgefallen ist mir auch noch die fast völlige Abwesenheit von Humor.

Besonders geärgert hat mich, daß das Buch mit einem echten Cliffhanger endet, und nun muß ich noch fast ein Jahr warten, bis die Fortsetzung erscheint! Es wäre schöner gewesen, einen Zwischenabschluß zu machen - eine Reihe Fragen ließen sich bereits hier beantworten.

Fazit: Auch wenn es durch die oben geäußerten Kritikpunkte nicht so aussieht, hat mich dieses Buch von allen in 2005 erschienenen deutschen SF-Romanen am besten unterhalten (über gute Bücher läßt sich nunmal mehr sagen als über richtig schlechte). Deswegen finde ich es besonders bedauerlich, daß nur Unterhaltung geboten wird - mit etwas Mühe ließe sich viel mehr aus dem Stoff machen! Trotz aller Kritik eine klare Leseempfehlung - gute Unterhaltung, wenn auch mit einigen Längen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

Nachtrag: Zur Vorbereitung auf Band 2 habe ich Band 1 noch einmal gelesen. Das war eine gute Idee, denn mit den Vorkenntnissen vom ersten Lesen wurden mir viele weitere Zusammenhänge klar, und ich habe jetzt ein deutlich besseres Verständnis für die Welt des Roten Nebels. Das Buch ist auch beim zweiten Lesen noch spannend und interessant. Es bleibt also dabei: Coruum Volume I ist eine echte Leseempfehlung!


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Erstellt am So, den 26.02.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 04.03.2007 um 22:23.